Schiffstaufe

Am Ende des Winterlager haben Toddl und ich am 13. April 2019 die Bavaria bei Dick an der Schleuse Holtenau wieder zu Wasser gelassen. So wie jedes Jahr im Frühling: Kranen. Nur diesmal hat die Yacht zum ersten mal Ostseewasser am Kiel zu spüren bekommen. Kaltes Ostseewasser. Als ich um 8:30h auf dem Werfthof das Deck erklimme, strahlt mich eine Schnee-Graupelschicht auf dem neu überarbeiteten Teakdeck an. DieTemperatur ist eher unter als knapp über dem Gefrierpunkt. Mit Watschelschritten zur Backskiste gerutscht, den Deckschrubber gegriffen und flugs als Schneeschieber umfunktioniert. 

Die letzten Dinge am Rigg richten, Fender und Leinen ausbringen und schon sind wir dran und Schiff hängt am Kranhaken. 9,6t sagt der Kranführer auf die Frage nach dem Gewicht. 

Der Motor startet klaglos und nach 30 min Kreise drehen können wir mit dem wartenden Pulk Yachten in die Schleuse. 
Klappt prima, auch mit dem hochbordigen neuen Boot. 
Der Wind ist so eisig, dass wir zum Steuern nicht draußen stehen wollen. Wir kaufen uns unter das Sprayhood und steuern mit ausgestrecktem Arm nach hinten. Der Autopilot funktioniert aus unerklärlichen Gründen nicht. Inzwischen habe ich meine Russenmütze mit den Fellohrenklappen hervorgekramt und aufgesetzt. Sieht aus wie Blödmann, aber ist warm. 
Heimkehrschwung nach Wendtorf und 1a in der Box eingeparkt. Geschafft. Jetzt schnell die Heizung an und aufwärmen. 

Das Kind braucht einen Namen. Das Boot auch. Keine Frage, wir bleiben bei “Skokie”. Wir mögen den Namen und alle unsere Boote habe diesen Namen getragen. Dies hier ist Skokie3. Davor gab es die MaxiFenix und die Maxi 999. Maxi ist unser neues Boot auch, vom Wohn- und Lebensraum her, sehr groß und mit viel Platz. Aber eben jetzt eine Bavaria. 
 
Und damit bei den zukünftigen Reisen kein Unglück geschieht, soll die neue Skokie auch zünftig getauft werden. Safe the date für 18. Mai 2018 an alle Segelfreunde ist raus und alle haben zugesagt. Wirklich toll. 
Am Nachmittag trudeln die Freunde, einer nach dem anderen ein. Viele Führungen auf und durch das neue Schiff werden abgehalten. Damit alle ins Cockpit passen bauen wir das Steuerrad ab. 
Eine große rote Schleife verbirgt am Bug den neuen Namen. Und die Bavaria ist mit bunten Wimpeln über die Toppen geflaggt, so, wie es sich bei besonderen Anlässen auf Schiffen gehört. 
Der Anker ist als Rambock für die Champagnerflasche etwas abgelassen und die Flasche am Bugkorb an einer Leine positioniert. Ein paar Käsehäppchen und Fischfrikadellen sollen die alkoholische Wirkung der gereichten Kaltgetränke abdämpfen. 
Dann stehen alle erwartungsvoll am Steg, Andrea räuspert sich leise und dann hält sie ihre vorbereitete Rede:
“ Der Begriff Schiffstaufe stammt vom griechischen Wort “baptizein” ab, das Eintauchen und Untertauchen bedeutet.

Dabei stellt die Schiffstaufe ein Symbol für das Eintauchen des Schiffs in das Meer dar.

Bereits seit dem 4. Jahrhundert vor Christus gibt es Schiffstaufen. Damals galten diese als Besänftigungsmittel der Götter mit dem Ziel, dass die Schiffe während der Seereise unversehrt blieben. Außerdem linderten Schiffstaufen die Ängste der Seefahrer und machten das Schiff resistent gegen über unberechenbaren Winden und Ungeheuern.

Auch heute dienen Schiffstaufen als eine Art Tradition, um dem Schiff und seiner Besatzung Glück und Wohlergehen auf den Weg zu geben. Ein weiterer Grund für Schiffstaufen ist aber auch der Aberglaube, da ein Versäumnis der Schiffstaufe als böses Omen gilt. Ein bekanntes Beispiel ist die Titanic, die als ungetauftes Schiff während ihrer Jungfernfahrt sank.

Aufgrund der damals angenommenen Unsinkbarkeit des Passagierschiffes wurde auf eine Schiffstaufe verzichtet……


Schiffstaufen werden von Frauen übernommen. Denn lt. Tradition bringen Männer als Taufpaten Unglück.

Es gibt aber auch für Frauen einige Voraussetzungen, damit sie das Schiff nicht ins Unglück stürzen:


- Das Tragen eines grünen Kleides ist untersagt.


- Die Frau darf nicht rothaarig sein

Da der Klabautermann rote Haare und grüne Augen hat.


- Die Frau darf nicht schwanger sein.


Nun, die Voraussetzungen sind erfüllt. Werden wir konkret:

Wir taufen heute eine

Bavaria 40 Ocean der

Bavaria Yachtbau GmbH

Baujahr 2001

Länge 12,48 m

Breite 3,99 m

Tiefgang 1,95 m


Gesegelt im Mittelmeer bis 29.12.2017. Dann erfolgte der Übergang an den Eigner Jens Per Borner in der Marina Veruda in Pula, Kroatien. 

Dort gesegelt bis Oktober 2018, dann folgte die Überführung auf dem Landweg Richtung Kiel. Dort zunächst in der Schiffswerft Dick im Winterlager und seit 13.4.2019 im Hafen Wendtorf.


Ich taufe dich auf den Namen SKOKIE!

Ich wünsche der Besatzung allzeit gute Fahrt und dir immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.


Ich grüße dich mit einem dreimaligen HIPP-HIPP-HIPP- HURRA.”


Die Champagnerflasche zerplatzt mit dumpfen Knall beim ersten Versuch. Wie schon einmal geübt. Jetzt müssten eigentlich die Schiffshörner tuten. Tun sie aber nicht. Ersatzweise haben alle Gästekleine Karnevalströten erhalten und auf Kommando ertönt der SchiffshornChor, nur einige Oktavenhöher und begleitet damit das Ereignis auch akustisch. 

Jetzt heißt die Bavaria Skokie. 

Die Feier findet beim Italiener am Campingplatz hinterm Deich statt. Die Reservierung wurde leider für den Samstag vor einer Woche gebucht, so dass es heute etwas Schwierigkeiten mit ausreichend Tisch und Stuhl gibt. Aber mit Essen und Trinken und tolles Schnack aus Wischhafen und Laboe sind wir später die letzten Gäste im Haus, die nur mit sanfter verbaler Gewalt zum Verlassen der Lokalität bewegt werden können.