Der Plan

Februar 2016
Einmal die gesamte Ostsee absegeln. Einen ganzen Sommer lang auf dem Boot verbringen, nicht nur 2, 3 Wochen Urlaub, sondern einfach weiterfahren. Oder noch einen Tag länger auf der Insel bleiben. Hierüber gibt es eine Menge Bücher und Berichte: Erdmann, Röver, Irrgang und viele andere. Ein Buch hat die Idee, dass wir es uns auch vornehmen sollten, besonders angefacht: Mary Ann und Menso Heyl: Ostseeschleife.
Seit 2012 sind wir dabei, den Wunsch zu einem Plan reifen zu lassen. Unser Boot soll dafür Stück für Stück angepasst und renoviert werden. 
Die größte Herausforderung ist es, die Zeit für die kleine Auszeit zu organisieren. Schließlich sind wir beide fest im Berufsleben verankert und können nicht einfach so mal wegbleiben. 
Aber die Idee von unserer Ostseerunde trifft bei unseren Arbeitgebern nicht auf taube Ohren. Vielmehr glauben wir in den Gesprächen zu erkennen, dass bei vielen der Wunsch nach einem kurzen Sabbatical ebenso existiert und anerkennender Respekt für unseren Plan eine positive Stimmung erzeugt. Jetzt haben wir die Zusagen erhalten und die Realisierung ist in Erarbeitung.

So ungefähr soll die Route verlaufen

Tafel im Vasamuseum, Stockholm
Tafel im Vasamuseum, Stockholm

Vorbereitung

E-Mail vom 18.10.2015

Moin Jungs,
mit Wolfgangs Hilfe haben wir gestern die SKOKIE aus dem Wasser gekrant. Es war ein mieser, verregneter, grauer, kalter Herbsttag. Ohne Wind. Trübe. Eben Saisonende :(
6.30h wecken, 8.30h ablegen, 10.15h an der Schleuse Holtenau, 11.00h geschleust.
Am Wartesteg Öl- und Ölfilterwechsel, der Motor war ja warm und das Öl schön flüssig. Nasse Segel abgeschlagen, Mast zum Ziehen vorbereitet. 12.30h am Mastenkran, Motorkühlwasser mit Frostschutz gespült. 13.30h aus dem Wasser und schon auf dem Bock. Ein paar kleine Muschelbänke an der Saildrivemanschette und am Loggeber. Pieselregen. Auto aus Wendtorf geholt, Restklamotten von Bord, Deck geschrubbt, Wasserpass gereinigt. Frischwassertank konserviert. Segel und Polster nach Eckernförde verbracht. Dann nach Hause. 27h-Einsatz von Abfahrt bis Ankunft Salzgitter. Vielen Dank Wolfgang! Es hat alles wie am Schnürchen geklappt. Und die Mannschaft von der Dickwerft hat ein großes Lob für Ihren Teamgeist, Professionalität und die gute Laune bekommen. Die Skokie kommt wieder in die Halle Grasweg und ist in 14 Tagen dort.

Jetzt geht es wieder in die Bastelphase. Für das nächste Jahr stehen noch viele Kleinigkeiten an, die aber auch eine Menge Arbeitsstunden verursachen können.  Die grossen Zieraufkleber, Jule bezeichnet sie als Decks-Tattoos, sollen neu werden. Elektrik, eine zusätzliche Batterie, Deckenverkleidung, Holzarbeiten (Einlegeböden in den Schränken, Klappen in den Sitzkisten im Salon, Aussenborderhalterung in der Backskiste, .. ) und vieles anderes steht auf der To Do Liste.
Es soll noch ein Kartenplotter fest installiert werden und AIS ist in der Überlegung. Zumindest Empfangen. Senden? UKW-Transmitter sind doch etwas teuer und der Nutzen nicht eindeutig, da die Berufsschiffahrt die Class B Signale, die von Yachten nur mit geringer Leistung ausgestrahlt werden, einfach ausblendet. Der Radarschirm bei denen wird sonst zu voll.
Ich habe aber eine App entdeckt, mit der die eigene Position über das Internet übertragen werden kann wenn man Verbindung zum Handynetz hat. Damit soll man dann z. B. auch bei Marine Traffic sichtbar sein. Schön für die daheim gebliebenen, um uns verfolgen zu können. IPad machts möglich. Big Data at Sea.
Wir haben auf jeden Fall zwei volle Tage Hanseboot eingeplant. Fehlende Ausrüstung ergänzen und umsehen. Und möglichst viel klönen und Infos sammeln. Unsere Spannung steigt. Langsam aber stetig. Ein neues Risiko für unser Vorhaben im nächsten Jahr ist wieder eingetreten: Die Diesel-Krise. Strukturelle Maßnahmen und notwendige Unternehmens-Solidarität erzeugen ein Fragezeichen, ob es vertretbar ist, sich jetzt für 3-4 Monate im Sommer auszuklinken. We will see. Der Plan für die Ostseerunde steht aber.

Wir würden uns auf jeden Fall freuen, Euch auch im Winter wieder zusehen. Lasst Euch die Zeit nicht vertrüben. Der nächste Sommer kommt bestimmt.
Viele liebe Grüsse, auch an alle, die Ihr lieb habt von der SKOKIE.

Andrea und Jens


E-Mail vom 3.1.2016


Hallo Ihr Lieben,
Eben ist das letzte späte, faule Brunch der Winterpause zu Ende gegangen. Morgen muss ich wieder ins Büro zum Geldverdienen. In der Weihnachtspause gab es etwas Zeit, sich mit Boot, Wartung, Reparaturen, Erweiterungen und Plänen zu beschäftigen. Vieles aber immer noch in der Theorie.
Die Skokie steht hoch und trocken in Kiel im Grasweg. Die Halle ist einfach gut. Inzwischen habe ich auch den Türschlosscode, kann das große Schiebetor öffnen und mit dem Auto direkt bis vor das Boot fahren. Da die Werft Dick am Kanal eine neue Halle gebaut hat und dort die meisten Schiffe einlagert, ist die Halle am Grasweg fast leer. Ganze 5 Boote mit rundum viel Platz. Dazu noch 10% Rabatt, weil die Skokie nicht auf dem Werftgelände steht.
Inzwischen habe ich drei Arbeitseinsätze, meist bis in die Nacht hinter mir und frage mich, was ich überhaupt geschafft habe, da die Liste nicht wirklich kürzer wird. Aber einiges ist schon passiert: Der Kleiderschrank mit der Stange für Bügel in der Achterkajüte wurde mit Fachböden in Teak ausgestattet, das Topffach unter der Pantry hat einen lackierten Einlegeboden mit Antirutschbeschichtung erhalten, im Vorschiff, im Kojenstauraum wurde eine Klappe in der senkrechten Schottwand eingebaut für den Zugang zum Stauraum von der Seite, ohne die Polster und Taschen wegräumen zu müssen. Zusätzlich habe ich den Stauraum mit einem zweiteiligen Einlegeboden horizontal unterteilt. Ganz praktisch. Mehr Übersicht. Eine kleine Kassette für Wertsachen hat auch ihren geheimen Platz gefunden und wurde anständig verschraubt.
Die Entlüftung des Sanitärtanks ist von der Wasserlinie auf Deckshöhe verlegt worden. Wieder ein neues Loch im Rumpf... Ein neues Klo ist bei der Gelegenheit auch installiert worden.
Dann musste das Kabel für die Decksbeleuchtung (Errungenschaft aus dem letzten Jahr) noch unter der Deckenverkleidung zum Schaltpanel verlegt werden. An einen Schalter angeschlossen ist es noch nicht. In der nächsten Saison werden wir mit einem Kartenplotter unterwegs sein. Den habe ich von Thorsten von der Sunrise aus Großenbrode gebraucht gekauft. Wir freuen uns sehr über unsere neue Freundschaft zu Thorsten und Sharon, die wir in den zwei Tagen in Rudkøbing bei 17m/s aus ONO kennengelernt haben.
Der Platz für Instrumente über dem Niedergang wird zwar ziemlich eng, aber mit dem Umbau des Instrumentenbretts kann der Plotter dort noch geradeso mit Überhang untergebracht werden. Am Anfang war die Überlegung, die Position und den Kurs von gegnerischen Schiffen an Bord darstellen zu können, d.h. ein AIS-Empfänger wurde bei eBay-Kleinanzeigen gefunden und geordert. Für die bildliche Darstellung bedarf es aber eines Displays und das lässt sich wunderbar auf einem Plotter finden. So verbreitet sich der Kupferwurm immer stärker auf der Skokie. Enterprise lässt grüßen, oder besser R2D2? Immerhin kann man noch das Bild einer Videokamera auf dem Display einblenden. Sowie beim Landeanflug von Flugzeugen zur Unterhaltung der Passagiere.
Das Kabelverlegen ist so eine Sache für sich und man kann Stunden damit zu bringen. Besonders wenn man die Decksdurchlässe akkurat im Jahr vorher mit Sikaflex verklebt hat, damit kein Wasser durchkommt und nun alles wieder aufgemacht werden muss. Das ganze in unzugänglichen Winkeln unter der Deckenverkleidung und in der Schiebelukgarage, die ich nicht ganz abbauen wollte und darum mit langen Fingern und vielen Tricks den Klebstoff entfernen musste.  Das Eindichten werde ich dieses mal mit Butyl ("Bärenscheisse" aus dem Automobilbau) machen, da es sich wieder entfernen lässt, aber genauso sicher abdichtet.
By the way: Die Scheibe der Decksluke im Salon habe ich ersetzen lassen. Völlig problemfrei ausgebaut, eingeschickt und nach einer Woche wiedererhalten von einer plexiglasverarbeitenden Firma aus der Nähe von Köln. Die haben im letzten Jahr das Luk im Vorschiff auch erneuert. Klasse Arbeit. Die Adresse hatte ich aus einem Artikel im Palstek. Sehr zuverlässig, kann ich nur empfehlen. Mit fairen Preisen.
Aus Schweden habe ich mir Abziehbilder für die Dekoration der Decksaufbauten schicken lassen. Die Dekorstreifen waren schon völlig farblos und abgeschabt. Das musste neu. Unbedingt. Mit dem Heissluftfön ließen sich die Reste gut entfernen. Dann die Oberfläche vorbereiten. 600er Schleifpapier    und Poliermaschine. Risse spachteln, wieder schleifen und polieren. Ausserdem mussten auch die Bügel für die Schiene der Selbstwendefock vom Aufbau entfernt werden. An die Schrauben kommt man dran, wenn man die Deckenverkleidung im Salon abbaut. Na gut, dann das auch noch, Kleinigkeit. Eine Seite ist bereits neu beklebt. Ob es hält, wird sich zeigen. Die großen Längen des Aufklebers sind doch etwas schwierig zu händeln. Jetzt wartet der Rest auf Wiederzusammenbau und dann geht's an die Backbordseite. 
Auf dem Plan steht noch ziemlich viel. Auf dem Papier sind das eher Kleinigkeiten. Aber jede Schraube, die an Bord eingesetzt werden will, dauert eben 3mal solange wie zuhause. Ein größeres Projekt ist die 12V Elektrik, die zur Zeit nur ungenügend verdrahtet ist und zu viele Kabel irgendwie wild angeschlossen sind. Es ist Zeit zum Aufräumen. 

An unserem Plan im Sommer die Ostseerunde zu fahren halten wir immer noch fest. Dennoch sind bei mir die beruflichen Unwegsamkeiten durch vollständigen und gründlichen Umbau der Unternehmensstrukturen in Wolfsburg noch nicht absehbar.  D.h. Ich weiß heute noch nicht, was mein Job in 3 Monaten sein wird. An wen ich, mit welcher Verantwortung berichten werde und mit welcher Mannschaft, in welchen Prozessen ich an welchen Fzg.projekten arbeiten werde. Das Bekenntnis zum Törn ist aber da und wir werden uns für unseren Plan einsetzen. Wenn nicht jetzt, van Damme?
Man glaubt es kaum, aber der Teufel der Planung steckt auch hier im Detail. Und es gibt davon viele.
In der nächsten Yacht soll auf jeden Fall eine Reportage veröffentlicht werden, in der berichtet wird, wie es ist, wenn man in die Hände der Russen fällt, beim Durchqueren der 12-meiligen Hoheitsgewässer auf dem Weg von Danzig nach Klaipeda. 125sm, 24h am Stück. Für Atlantikfahrer kein Thema. Uns muss ich aber noch, wenn ich realistisch bin, doch eher den Sommer- und Wochenendseglern zurechnen, wenn auch mutig und mit Erfahrungen oberhalb des  Charterdurchschnitts. Das heißt aber, die Vorbereitung muss perfekt sein. Aber unser Team, Andrea, Jens und Skokie schafft das schon. Wir kennen unsere Fähigkeiten und Können und sind eigentlich nicht übermütig. 
Unser Ostseetörn soll in den Monaten Juni, July, August stattfinden. Am Samstag, 28. Mai 2016 könnte daher in Wendtorf ein kleine Grillparty mit Euch stattfinden. Das könnt Ihr Euch ja schon mal mit Bleistift im Kalender eintragen. Wenn's soweit ist, kommt noch eine verbindliche Einladung. Daumen drücken. Wir würden uns freuen.

Soweit so gut. Jetzt werde ich mich wieder mal den Kabeln und deren Dokumentation widmen.
Seid lieb gegrüßt, eine ruhige Wache und Ahoi. Bis bald
Andrea und Jens