Wir wollen die Ocean 40 möglichst oft nutzen und sukzessive ausrüsten. Das kann uns nicht gelingen, wenn 1.200km Weg zu überbrücken und nur normaler Jahresurlaub als verfügbare Zeit vorhanden sind. Das Schiff soll also an die Ostsee, die wir flux auch nur fürs Wochenende erreichen können. Dennoch hatten wir uns beim Kauf entschieden, für eine Saison das kroatische Revier mit dem eigenen Schiff zu besegeln. So haben wir länger Zeit den Transport zu planen und können die legendäre Inselküste und das permanente Sonnenwetter kennenlernen. Obwohl uns die Marina Veruda hervorragend gefallen hat und wir uns nach und nach an das heiße Wetter im Sommer gewöhnt haben, es genossen haben, jeden Tag nur Badehose und T-Shirt zu tragen, das Ankern vor den Inseln probiert haben, so fehlt uns doch an den Wochenenden, die wir in Deutschland sind, ein Boot am Wasser, zum Segeln und Ausspannen. Die Zeiten zwischen den einzelnen Besuchen in Pula sind einfach zu lang, die Zeiten an Bord zu kurz, die An- und Abreise aus Norddeutschland zu weit.
Alternativen
Das Taschepacken zu Hause haben wir am Freitagabend abgebrochen. Wir sind lieber in unsere Stammkneipe "Anders", zu Doreen und Christina zum Abendessen. Die Bürowoche wollen wir besser noch hier ausklingen lassen. Lieber stehen wir morgen etwas früher auf.
Samstag dann um 6:30h raus. Fertig packen, einladen, kurzes Frühstück und um 9:00 auf die Autobahn. Es gibt etliche Baustellen und Umleitungen die nerven.
Bei München per Booking App eine Herberge in Ösiland gebucht.
Im SchnitzlEck in Flachau übernachten wir. Ein DZ für 84€, aber fast ohne alles. Dennoch sauber. Ausreichend für einen Stopover. Um 9:30h am Sonntag weiter. Toddl soll heute 21:30h in Ljubljana mit dem Flieger aus Hamburg ankommen. Bis dahin wollen wir in Ljubljana warten und dann zusammen nach Pula fahren. Als wir 30km vor Ljubljana sind, ruft Toddl an: Der Flieger ist gecancelt, heute kommt er nicht mehr. Vielleicht morgen. Mal sehen. Ojeh. Es wird das Internet hin und her gekurbelt, aber es gibt keine Alternative. Es sind Schulferien und alles ist ausgebucht. Nach endlosen Stunden in der Warteschleife der Hotline, mit der Ansage innerhalb von 2 Minuten eine Antwort zu erhalten, kommt dann am Montag, 1.10.18 gegen 11:00h die Info bei uns an, dass Toddl definitiv nicht mehr kommen kann. Next flight tomorrow. Das reicht nicht mehr. Großer Mist. Wie soll das gehen, ohne Toddls Hilfe? Wir sind inzwischen in der Marina Veruda und disponieren um. Das Auto bleibt hier in Pula, wir suchen einen Bus per Internet, der Andrea am Donnerstag von Koper nach Pula zum Auto zurück bringen kann. Und da wir jetzt nicht mehr zum Flughafen müssen, um den begehrten Mitsegler abzuholen, beschließen wir noch heute, am Montag, mit der Nausikaa zu starten, um schon ein paar Meilen Nord zu machen.
Historische Stadt auf dem Weg nach Pula: Ljubljana
Noch ein kurzer Anruf in Heikendorf bei Sleepy, der Spedition, die unser Boot nach Kiel holen soll. "Alles klar?", "Ach, hallo Herr Borner! Ja, ja der Laster wird dann wohl am kommenden Dienstag da sein." "Waaas? Wir haben Freitag den 5.10. ausgemacht! Wir haben extra Urlaub genommen, das Timing mit Puffer zigmal per Mail kommuniziert, die Zelte in Pula abgebrochen, alles geplant, und jetzt soll am Freitag kein Tieflader kommen ?????"
Am nächsten Tag, Dienstag, 2.10.18 nach Umag. Endlich der richtige Wind für unser Boot. 5 Bft braucht es schon, damit es gut läuft. Am Nachmittag dann aber 5-6, in Böen bis 7 aus Nordost. Also genau von vorne. Ist das die gefürchtete Bora? Wir ziehen in der ein oder anderen Böe die Fußreling durchs Wasser, aber hier oben im Mittelcockpit bleibt alles übersichtlich und entspannt. Aha. Genau so wird es ja auch immer beschrieben, bei den Tests von Centercockpityachten. Halbwegs komfortabel auch bei etwas mehr Wind und Welle.
Das Einklarieren in Piran empfinden die Beamten von Slowenien fast wie wir auch als überflüssig. Alles geht sehr schnell und easy. Dennoch dürfen wir nach dem Vorzeigen und Abstempeln der Papiere nicht länger an der Zollpier liegen bleiben, selbst die Zeit für einen Kaffe in der Hafenbar wird uns nicht zugestanden. Dann eben weiter nach Koper. Wir Motoren die letzten wenigen Meilen auf der Adria und bugsieren uns langsam auf den für uns reservierten Platz. Kaum 2m rund um das Schiff bei einparken. Es klappt ohne Rempler, aber geübt darin sind wir noch nicht unsere neuen 12,5m Länge an die richtige Stelle zu bringen.
2 Stunden nach dem Festmachen am Nachmittag schiebt sich an Land ein blauer Tieflader rückwärts in die Marina. Sleepy ist da. Gott sei Dank, es klappt. Der Trucker heißt Axel und kennt sich bestens aus. Kann mit uns aufgeregten Neulingen im Landtransport hervorragend umgehen. Da spricht viel Erfahrung mit uns und ganz in Ruhe machen wir den Plan für den nächsten morgen für das Verladen. Für jede Frage von uns gibt es eine Antwort und wir haben viele Fragen.
Vor dem Abendessen holen wir noch die Segel runter und bereiten Vieles schon zum Abbauen vor. Axel stellt sich als versierter Segler heraus und unterstützt mit viel Kenntnis.
Der nächste Morgen beginnt etwas hektisch: Wir sollen so früh wie möglich unter den Mastenkran verholen. Ohne Absprache des Manövers werden vom Hafenpersonal die Leinen gelöst, wir sollen Gas geben. An der Pier gegenüber warten schon die beiden Helfer auf uns, die wir für das Abriggen und das Verpacken angeheuert haben. Kaum an der Pier fest, gehts mit großem Werkzeugkoffer auch schon los. Unser Frühstückskaffee wird kalt, da es keine Zeit mehr gibt ihn zu trinken.
Andrea macht sich auf den Weg nach Pula, um unser Auto zu holen. Wir haben im Internet eine Verbindung mit dem Flixbus von Koper nach Pula gefunden. Der Bus soll um 9:00h starten, die Haltestelle ist fußläufig von der Marina zu erreichen. Mit aufgeladenem Handy und Autoschlüsseln in der Tasche startet Andrea Richtung Busbahnhof, während ich in aller Eile unterdeck die Kabel für die Mastbeleuchtung und das Radar löse. Das wurde vorher noch nie gemacht. 17 Jahre stand der Mast an seiner Stelle. Das 24-adrige dicke Radarkabel hat keine Trennstelle, ist mit einer Extraschleife unter der Deckenverkleidung verlegt und muss mit dem Seitenschneider getrennt werden.
Am späten Nachmittag trifft Andrea mit dem Auto aus Pula wieder ein. Das Schiff steht inzwischen auf dem Trailer und wird fixiert. Dennoch sind noch viele, viele Kleinigkeiten zu richten und zu erledigen, bevor wir das Gefühl haben, es ist alles rüttelfest und sicher verstaut.
Dann die Messung der Durchfahrtshöhe.
Hier habe ich am meisten gehadert. Aus den Bootsunterlagen geht eine Transporthöhe von 3,80m hervor. Da ist zu wenig. Im Wasser hatte ich einen Bootshaken nach Augenmaß waagerecht über die feste Cockpitscheibe gelegt und dann mit dünner Leine ein Lot auf die Wasseroberfläche gemessen: 2,20m. Plus Tiefgang von 1,95, würde eine Bootshöhe von 4,15m ergeben. Darunter noch die Minimalhöhe das Traggestell des Tiefladers ca. 10cm nach unserer Schätzung ergibt 4,25m Höhe über der Fahrbahn. Aber der Schätzversuch ist viel zu ungenau. Besonders die Messung auf dem Wasser.
Ein Auskunft von Bavaria, die zu dem Zeitpunkt in Ihrer Insolvenz stecken, lässt auf sich warten und ist auch dann auch nur vage. Wir vertrauen auf Axel und Sleepy. Schließlich ist ja das Schiff auch den gleichen Weg zur Adria gekommen. ...aber mit oder ohne feste Scheibe als höchsten Punkt? Diese Frage macht es spannend.
Axel gibt mir eine sehr lange Wasserwaage nach oben aufs Boot, als es auf dem Tieflader festgezurrt ist. "Halt mal über die Scheibe". Das mache ich sehr sorgfältig. Axel mißt mit einem Teleskopschieber die Höhe von der Fahrbahn bis zur Wasserwaage. "Viermeterdreißig, das reicht gut. Kein Problem, da komme ich überall mit durch".
Umpf. Echt jetzt? 4m maximal erlaubt die Strassenverkehrsordnung für normale Transporte. Aber ja, er kommt da durch! Das haben wir später selbst gesehen. Ohne auch nur irgendwie vorher abzubremsen, fährt der Zug in die Tunnel, in denen bedenklich tief die Lüftungsturbinen in den lichten Raum von der Decke hängen. Aber es paßt. Der Elbtunnel zwei Wochen später wird umfahren. Dennoch ist alles unheimlich spannend, vom Anfang bis zum Ende. Gut, wenn das alles Profis machen.
Freitag früh um 00:00h gehts los. Alles blinkt und funkelt in orangener Warnleuchtenfarbe in der dunklen Nacht. Langsam setzt sich der Zug in Bewegung und fährt durch die leeren Straßen von Koper und ist schnell auf der Autobahn nach Ljubeljana. Schon gehts durch die ersten Tunnel, die nördlich von Koper auf dem Weg in die Alpen liegen. Die Bavaria passt tatsächlich in der Höhe durch diese Röhren. Ohne die Geschwindigkeit zu reduzieren rauscht der Trailer durch die Portale. Sehr aufregend. trotz tiefster Nacht, sind wir hellwach. Wir bleiben mit unserem Auto dicht hinter dem Zug, fotografieren und filmen. Gegen 3:00h stoppen wir vor dem Karawankentunnel, indem die Grenze zu Österreich verläuft. Das slowenische Begleitfahrzeug verabschiedet sich. Der Tunnel hat nur eine Röhre, diese mit Gegenverkehr. Deshalb muß er für uns gesperrt werden. Das soll um 9:00h geschehen. Bis dahin versuchen wir auf den zurückgeklappten Autositzen etwas Schlaf zu bekommen.
Um 8:30 ist das östereichische Begleitfahrzeug da. Mit einem zweiten Schiff-auf-Laster hinter fährt der Konvoi in den Tunnel. Am anderen Ende soll es Stau in entgegengesetzter Richtung gegeben. Nicht nur unseretwegen, sondern auch wegen eines Unfalls.
Ohne Abbremsen geht es durch das Tunnelportal. Irgendwie passt die Höhe immer. Der seglerische Wunsch: “immer eine handbreit” bezieht sich so nicht nur auf das Wasser unter dem Kiel, sondern hier auf den Aufbau der Yacht und den Abstand zu den Lüftungsturbinen die unter der Tunneldecke installiert sind.
Das Timing für das Entladen wird zwischen Sleepy und Dickwerft an der NOK Schleuse eigenständig abgesprochen. Es wird also noch 14 Tage dauern, bis das Boot in Kiel ankommen wird. Mit unserem GPS Tracker werden wir genau informiert, wann sich der Zug wieder in Bewegung setzt. Auf der Raststätte Seesen im Harz macht er ein Pause und saust in dieser Nacht noch nicht am Salzgitter Dreieck vorbei. Bevor wir nach Kiel hoch fahren, wollen wir in Seesen nachschauen. Tatsächlich, das Steht das Boot und wartet auf die Weiterfahrt. Inzwischen steht die Bavaria auf einem anderen Trailer. Sie ist wahrscheinlich in Giebelstadt umgesetzt worden. Wir machen uns auf den Weg und können mit dem GPS Tracker erkennen, wie der Zug vor dem Elbtunnel nach Osten auf die A1 abbiegt und dann über die A21 und Neumünster wieder zur A7 zurückkehrt. Landstraße erfordert in Deutschland Polizeibegleitung. Und die Kosten dafür gehen extra. Die Rechnung über knapp 500 Euro haben wir ein halbes Jahr später bezahlen dürfen. Plus Mehrwertsteuer, die sich durch die Rechnungsstellung von Sleepy ergeben.
Morgens um 3:30h ist der Transport am Ziel. Ich verabrede mich mit dem Fahrer und der Fahrerin des Begleitfahrzeugs um 7:30 zum entladen dabei zu sein. Ich lege mich die kurze Zeit bis dahin noch einmal in meinem Hotelbett aufs Ohr. Als ich pünktlich eintreffe, ist der Tag schon angebrochen und der Mast schon im Regal bei Fa. Dick. Das Kranen und Aufbocken geht bei Dcik wie gewohnt schnell und professionell. Das kann man im Film gut nachvollziehen.
Koper-Kiel, Nausikaa goes Skokie. Es hat geklappt.