1. Etappe, Fehmarn nach Polen

Mittwoch, 1. Juni, Kühlungsborn

Gestern, am Dienstag sind wir in Großenbrode um 10:30h gestartet. NE 4-5 Bft sollten es werden.

Als Ziel haben wir uns Warnemünde gesetzt. Aber der Kurs lässt sich nicht halten. Der Wind kommt einfach zu spitz. Mit dem richtigen Riecher haben wir noch im Hafen die Genua gegen die Arbeitsfock getauscht. Die Fock steht bei kleinerer Fläche einfach besser und wir können höher an den Wind. Das Großsegel fahren wir mit erstem Reff. Zu Anfang sind es nur die recht hohen, aber kurzen Wellen, die den Anlieger unbequem machen. Dann dreht der Wind auf und wir messen zunehmend 12-13 m/s scheinbaren Wind bei 6kn Fahrt. Es drückt uns auf Kurs 120 Grad statt der gewünschten 105°. also werden wir heute doch nur nach Kühlungsborn kommen. Immer öfter zieht die Fußreling durchs Wasser. Im Salon klötert schon einiges auf dem Boden. Nach unten möchte jetzt niemand gern. 
Als die Windanzeige konstant über 13 m/s, in Böen 15 und 16 meldet, nehmen wir die Fock weg. Eigentlich hätte das Groß weiter gerefft werden müssen, aber Andrea verbietet mir bei den 3,5m Wellen auf das Vorschiff zu gehen. Besser ist es. Und die Segelfläche lässt sich auch so verkleinern, nur nicht optimal. So einen Gang nach vorn heben wir uns für den wirklichen Ernstfall auf. "Ein Segel kann man ersetzen, Dich aber nicht". Recht hast du, Andrea, Danke.
Viel reden mag jetzt keiner mehr von uns beiden. Der Kartenplotter bootet sich ein zweites Mal von selbst und verliert dabei sein Ziel. Was hat er? Ist er seekrank? Zum Glück findet er seine Position auf der Karte wieder. Das Ufer und Kühlungsborn sind schon bald greifbar nahe, aber die Wellen sind steil und die Böen hart.
Das Hafenhandbuch vom Nautischen Verlag rät bei starken Winden aus nördlichen Richtungen davon ab, Kühlungsborn anzulaufen. Mir kommt so ein blödes YouTube Video in den Kopf, das eine Strandung einer Yacht genau hier vor der Hafeneinfahrt bei ähnlichem Wetter zeigt. Eine zweite Meinung aus der Bordbibliothek spricht zum Glück nur von: ...am Schluß kann es etwas holprig werden, bevor man den Hafen erreicht. Na dann los, Landeanflug vorbereiten.
Wir bergen das Groß, und steuern mutig auf die Brandungszone zu. Ausgerechnet jetzt kommt eine Schar Optis aus der Einfahrt. Bei diesem Wetter. Wir mit Vollgas um die Kurve, Schlagseite links, Schlagseite rechts, dann sind wir drin und das Wasser ist glatt wie ein Ententeich. Geschafft. 
Aber was ist los? Kaum im Hafenbecken wird es windstill. Draußen hört man Wind und Wellen und hier ist nix! Auch der Hafenmeister hat für dieses Phänomen keine Erklärung. 
In Ruhe wird die Skokie an einem der vielen freien Fingerstege festgemacht, dann schnell aus den Jacken raus. Mann, ist das warm ohne den Wind. Die Sonne strahlt und begrüßt uns herzlich.
Wir verschnaufen ein wenig und dösen im Cockpit ein. Schön ist es hier. 
Weil der Wind am nächsten Tag, Mittwoch, nicht weniger wird und seine Richtung nicht ändert, müssen wir jetzt schon unseren zweiten Hafentag nehmen. Auch in Ordnung. Nur sagt die Wetterprognose noch mindestens 4-5 Tage kräftigen NE voraus. Wir nehmen es gelassen, gehen bummeln und genießen den Sonnenuntergang von unserer Bordterasse aus.

Samstag, 4. Juni 2016, Stralsund City Marina

Wir haben Hochsommer! Mehr als 28°C, Schattensegel im Hafen gesetzt, kurze Hose, T-Shirt. Ein neues heute schon, das erste ist schon verschwitzt. Habe ich denn genug T-Shirts eingepackt? Beim Stadtbummel gibt es ein paar Sonderangebote, die werden gekauft und das Gefühl, dass angemessene Kleidung an Bord ist,gewinnt an Größe.

Zurück nach Kühlungsborn: Den Hafentag haben wir gemütlich zugebracht und uns auf das angekündigte Wetter gefreut. Fischbrötchen essen, Kaffeetrinken am Stegcafé. Donnerstag dann vor 11:00h auslaufen und 16 sm nach Warnemünde. Segeln, Marina Hohe Düne. Vor der Hafeneinfahrt lassen wir die Peter Pan und ein Containerschiff passieren. In der Marina gibt es endlos viele Plätze zum Aussuchen. Wir haben die Qual der Wahl. Wir nehmen einen Steg ohne eingebautes Sanitärhäuschen. Dafür können wir die Duschen direkt an der Hafenmeisterrezeption genießen: Die Marina gehört zu dem 5-Sterne Hotelkomplex Hohe Düne, der mit Mahagoni und aufgeschraubten Bronzebuchstaben auf den Hinweisschilder glänzt. Überall hoteluniformiertes Personal. Golfcaddies, die über die Stege rauschen. Äußerste Zuvorkommenheit, Marmor und Granit. Das Ganze für 21€ die Nacht für ein 10m Boot mit zwei Personen, inkl. Strom und Wasser. Edel. Warum hat uns das bisher noch niemand erzählt?
Wir fahren mit der Fähre über die Warne und schlendern am Alten Strom an Kuttern und dem touristischen Hafentreiben entlang. Hinter dem alten Leuchturm sind die Strandbars schon aufgebaut. Chillige Sesselgarnituren und Palmen in Kübeln. Schnell ein paar Angeberfotos vom Handy an die Daheimgebliebenen. Wir flezen uns in die Strandbarpolster, schauen auf den Strand und das Meer, versinken in wahrhafte Urlaubsstimmung bei Capuccino und Zigarette, und sind angekommen. In unserem Segelsommer.

Für die Überfahrt von Warnemünde nach Barhöft, südlich Hiddensee, bereiten wir uns mit größeren Futterpaketen vor. Die Wettervorhersage erzählt uns, wie fast jeden Tag: Wind vorn vorn. Allerdings in brauchbarer Stärke. Um 9:15h motoren wir drauflos, und schalten den Jockel nicht vor der Tonne Darßer Ort West, nach 26sm ab. Wirklich genau gegenan, und fürs Kreuzen wollen wir uns die Zeit nicht nehmen, da wir mehr als 45sm vor uns haben. Mit 4,5kn geht es gegen die Wellen. Eine höhere Drehzahl wollen wir unserem 2-Zylinder Volvo Penta auf Dauer nicht zumuten, obwohl er von Olaf Grümmert in Kiel im vorletzten Winter fachmännisch überholt wurde und wir uns keine Sorgen machen sollten. 
Nach ca. 5,5 Stunden können wir den Kurs auf 90° Ost absetzen und holen die Segel raus. Zwar immer noch ein Anlieger, aber er lässt sich gut steuern. Und bei ordentlichem Segeltrimm segelt die Skokie stur ihren Kurs, ohne Ruderkorrekturen, 5-10 minutenlang geradeaus.
Den Nothafen Darßer Ort lassen wir an Steuerbord liegen. Wir werden ihn nicht brauchen. Wir hatten die Ansteuerung im GPS für alle Fälle vorprogrammiert. Das Wasser wird glatter und wir kommen mit 6,5kn gut voran. Nur aufpassen, nicht zu weit Süd in die Naturschutzsperrgebiete geraten. Nach weiteren 5h können wir in das Fahrwasser nach Barhöft abbiegen. Der Wind ist jetzt fast eingeschlafen und wir sind wieder mit Motor zwischen den roten und grünen Tonnen unterwegs. 
Barhöft ist ein kleiner, schnuckeliger Hafen mit Schwimmstegen. Ein freier Platz mit Heckboje ermöglicht es uns, den neuen Patent-Bojenhaken zum Einsatz zu bringen. Den Haken haben wir auf der Hanseboot, nach vorherigem, intensiven Studium von Testberichten erworben und ich kann mich für die ausgefeilte Technik des Geräts begeistern. Ingenieurskunst aus Süddeutschland. Andrea hakt zielsicher mit dem Stiel den Klapphaken ein, ich hole die Leine nach hinten durch, fertig. Geht ja ganz einfach! Unsere erste Heckboje am Fanghaken. Darauf einen Extraschluck aus der Anlegerflasche. Der nächste Segler, der einläuft, benutzt einen einfachen, langen, gebogenen Haken. Ohne Mechanik. Einhängen, Leine dicht, fertig. Geht auch.
Wir machen eine Strandspaziergang und öffnen dann noch eine Konserve an Bord. Obwohl wir auf den geloggten 53 Meilen nicht kämpfen mussten, sind wir doch ziemlich müde und gehen früh schlafen.

Barhöft weckt uns mit Sonnenschein. Nach der langen Tour gestern wollen wir heute am Samstag Stralsund erkunden. Vorher aber ein Frühstück an Land vor der "Proviantkiste". Ein kleiner Versorgungskiosk mit Bewirtung. Die Sonne brennt. Auf dem Weg in engen Fahrrinnen begegnet uns ein Regattafeld "Rund Hiddensee". Hauptsponsor ist ein Volkswagenhändler aus Stralsund. Man kann es an den großen Aufklebern am Bug der Regattateilnehmer erkennen. Wir weichen so gut wir können unter Motor dem Feld im Zick Zack aus, um niemanden um den Sieg zu bringen. Eine kleine Flotte von Segelkuttern ist auch unterwegs. Die fahren sogar mit Spinnaker. Sieht etwas komisch aus, aber die Kutter machen ordentlich Fahrt.
Wir lassen den Volvo die Skokie ganz gemächlich nach Süden schieben. Heute haben wir Zeit. Gegen Mittag machen wir in der City Marina fest. Es ist Stralsunder Segelwoche und am Kai gegenüber der Marina ist ein großer Rummelplatz aufgebaut. Mit Musikbeschallung für die ganze Stadt. Akustische Verständigung beim Anlegen ist nicht mehr möglich. Jetzt machen sich die routinierten Handzeichen zwischen Andrea und mir bezahlt. Alles gelingt, wie so oft geübt. Wir haben eine Box tief unten beim Hafenmeister ergattert. Grünes Schild am Steg: "Frei bis 16.6.16 " Na, solange wollen wir nicht bleiben. Aber bei dem Lärm des Volksfestes? Nein, wir bleiben hier. Wenn wir zwei Tage später gekommen wären, hätten wir bestimmt gedacht: "Wie schade, zu spät, schon vorbei". Jetzt sind wir aber zufällig und rechtzeitig zum Seglerfest da, und wir wollen mittendrin dabei sein.
Da wir in den nächsten Tagen Deutschland verlassen werden, versuchen wir unsere halbleere blaue Campinggaz Flasche gegen eine volle zu tauschen. Das klappt gleich beim Hafenmeister. Etwas teuer mit 30 Euro, aber unser Gasvorrat ist für die weitere Fahrt jetzt auf Maximum aufgestockt. 3x 2,5 kg, blau. Wir wollen bei jeder Gelegenheit auffüllen, da in Skandinavien und im Baltikum nur sehr, sehr selten der begehrte blaue Brennstoff für den Espresso zum Frühstück erhältlich sein soll. 
Schwimmt da ein Reisemotto auf dem Stadtkanal?  (Charteryachten in Stralsund)


Dienstag, 7. Juni 2016, Swinoujscie

Wir sind heute in Kröslin bei Peenemünde aufgebrochen. Verlassen die 5 Sterne Marina nicht, ohne vorher getankt zu haben. Die Interpretation der Zeigerstellung der Tankuhr, gepaart mit Erfahrung beim Ablesen sagt, wir haben etwas weniger als "Halbvoll" im Edelstahlbehälter. Nach knapp mehr als 21 Motorstunden sollten 40l bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 2l/h aufzufüllen sein. Es passen nur 31l in den Tank. Sparsam gefahren und bestimmt viel Parkplatzsuchverkehr in den Marinas haben den Verbrauch in Grenzen gehalten. 
Wir merken uns: 2l/h ist etwas zu hoch angesetzt, bleibt aber als Faustformel für uns gültig, um auf der sicheren Seite zu sein. 
Wir haben noch einen Tag länger in Kröslin verbracht, weil uns der Wind gestern dann doch zu stark war. Schließlich haben wir Urlaub. Wir unternehmen einen langen Spaziergang ins Nachbardorf, und finden dort die gleiche ostdeutsche Provinzathmosphäre wie im Dorf zuvor. Die Marina ist hier zu einem künstlichen Zentrum für die ganze Gegend geworden. Wellness, Spa, Supermarkt, Sauna, Frisör, Restaurant, Bistro, Hafenservice. Alles was der Berliner, der sein Wochenende hier verbringt, eben so haben soll. Es gibt neben Ansichtskarten für die Urlaubsgrüße auch z.B. Beileidskarten in nicht zu geringer Auswahl. "Ja, die Leute aus dem Dorf kaufen auch hier. Und ab zu stirbt auch mal jemand." Da kann was dran sein. Viele Leute haben wir auf der Straße nicht gesehen. 
Neben Berlin sind auch Autokennzeichen aus Dresden und Hamburg häufig vertreten. Segler mit sächsischer Mundart sind auch eine witzige Mischung, wenn man nur Plattdeutsch als Kommunikationsportal gewohnt ist. Genug zum "Baltic Sea Resort" geschrieben. Es lohnt sich dort anzulanden und alles ist fein. Aber heute fahren wir raus. Wir motoren zwischen den Fahrwassertonnen bis es etwas freier wird. Wir möchten das enge Boddengewässer Ost endlich verlassen. Die Segel gehen hoch bei Ansteuerungstonne Osttief. Kurs 150*. Reicht nicht ganz für Swinemünde aber mit einem Kreuzschlag und der leichten Winddrehung auf ENE gelingt uns nach einer Stunde der direkte Kurs auf die Ansteuerung Swinoujscie. 
Wie spricht man das eigentlich richtig aus? Swinemünde wollen wir nicht sagen, die Zeit ist vorbei. Den Geflogenheiten nach meldet man sich per UKW-Funk im jeweiligen polnischen Hafen an und bittet um freie Einfahrt. Das tut man, da fast alle Häfen hier eine enge Moleneinfahrt haben und nicht immer zu erkennen ist, wenn sich eine der riesigen Ostseefähren durch den engen Hafenschlund in die Weite des Baltikums quetschen will.
Wir rufen, nach einem tiefem Luftholen, Swinoujscie Trafic auf Kanal 12 und melden die "Sailingyacht Skokie aproaching the harbour". Prompt bekommen wir Antwort von einer netten Frauenstimme und freuen uns, daß wir die Worte "Swinoujscie Trafic" wohl einigermaßen verständlich mit dem Funkgerät übertragen bekommen haben. "Sailingyacht Skokie, there is no trafic. You can pass." 
Super. Jetzt den großen grünen Tonnen folgen und dann rechts ab. Dort ist die Marina mit 300 Plätzen an Schwimmstegen. Wir gehen tief unten längsseits, machen Klarschiff und verschnaufen. Das ständige Amwindsegeln ist doch etwas anstrengender als Badesegeln in der dänischen Südsee.

Donnerstag, 9. Juni 2016, Kolobrzeg

52sm in 8:30h. Das sind die wesentlichen Daten unseres Segeltags gestern am Mittwoch. Ein schönes Etmal. Schiebewind von halb bis raumschots und eine immense Dünung, die von Schweden auf die polnische Küste zurollt. Manchmal etwas Strömung entlang der Küste, Richtung Ost. Von Swinoujscie nach Kolobrzeg. Vorbei an zwei Häfen, die auch für uns genügend Wassertiefe gehabt hätten. Aber der Wind steht günstig und wir wollen am Donnerstag einen Tag frei nehmen, um uns das ehemalige Kolberg anzusehen.

Stundenlanges Rudergehen heißt auch Zeit zum Sinnieren zu haben: Wieviel Menschen, Ideen und Fleiß es gebraucht hat, uns für diese Fahrt mit Kartendaten für den richtigen Kurs zu versorgen? Wieviel Messungen getätigt und aufgezeichnet wurden, um alles haarklein auf Papier zu drucken und auf Speicherchips, metergenau Hafeneinfahrten, Tonnen, Wracks und Untiefen und Leuchtfeuer darzustellen. Ein großer Aufwand, um allen, die mit einem Boot hier zufällig vorbeikommen, nicht nur Orientierung, sondern auch überlebenswichtige Hinweise zu geben. Wieviele Unterwassersteine allein auf einem Blatt der Seekarte eingezeichnet sind! Zum Glück wurde nicht jeder davon einmal mit dem Kiel eines Segelboots aufgespürt. Dennoch hunderte, verlässliche Informationen über Dinge, die für uns oben auf der Wasseroberfläche nicht sichtbar, aber doch erheblich sind.
Und je nach Wind, Wellen und Wetter ändern diese Informationen, die mit vereinbarten Symbolen und geheimen Zeichen vermittelt werden, ihre Wichtigkeit und Bedeutung. In welchem unsichtbarem, komplexen Netzwerk diese Daten gesammelt, geprüft, zusammengestellt und veröffentlicht wurden? Letztlich nicht immer das gleiche Ziel vor Augen, eine Seekarte zu erstellen. Irgendwie Schwarmintelligenz, die irgendwann, in der richtigen Essenz komprimiert wird. Kartographen, Meßschiffe, Programmierer, Drucker, Seekartenverkäufer, Meteorologen. Und wieviel Erfahrung darin steckt! Mit wieviel geringfügigeren Mitteln die Seefahrer der Entdeckungszeit unterwegs gewesen sein müssen, und mit wieviel mehr an Mut und Risikobereitschaft sie in See gestochen sind, ohne zu wissen, wo und wann sie ankommen! Nur von einer Idee überzeugt, dass es hinter dem Horizont noch mehr geben muss. Sicher steckt auch ein kleiner Teil der Erfahrung von Vasco da Gama in unserer Seekarte, die wir über das Internet bestellt haben und einem Tag später im Postkasten hatten. Jetzt zeichnen wir unseren Kurs mit einfachster Geometrie auf das Papier.
Ja, machen wir. Wir navigieren mit Zirkel und Seekarte. Trotz GPS, Plotterkarten und Handynavigation. Papier und Bleistift sind einfach die verlässlichste Methode der Navigation. Wenn auch nicht die genaueste. Aber eben verlässlich.
5 sm vor Kolobrzeg schläft der Wind ein. Eine große Regenwolke, der wir den ganzen Nachmittag vorweg gesegelt sind, löst sich auf und verschwindet hinter uns Richung Süd, zum Festland. Unter Motor fahren wir Slalom durch die nicht in der Seekarte verzeichneten Fähnchen der Fischernetze. Direkt nach der Hafenmole schlängelt sich das Fahrwasser durch das Zentrum der Stadt. Im kleinen Becken an Steuerbord trainieren polnische Marinesoldaten mit Schlauchbooten. Eine große Flotte von Fischerbooten liegt im Hafen. Mit dem dem Heck zur Pier, eines neben dem anderem. Wir laufen in die moderne, kleine Marina ein, machen am Schwimmsteg fest, treffen aber keinen Hafenmeister mehr.
Kurz vor dem Zubettgehen sehen wir Licht in seinem Büro brennen. Es ist der Securitymann, der erstaunt ist, dass er uns nicht bemerkt hatte.
Auf seinem Schreibtisch steht ein Monitor auf dem 6 oder 8 Bilder von Überwachungskameras der Marina zu sehen sind. Auf einem weiteren Monitor läuft das Fernsehprogramm. Wir liegen im Vereinshafen, der vollständig für Einheimische reserviert ist. Gäste müssen in das neue Becken, das wohl im letzten Jahr, hinter dem Vereinsgebäude, nebenan ausgehoben wurde. Dort könnten wir auch Toiletten benutzen und duschen. Mit Händen und Füßen verhandeln wir, doch auf unserem Platz bleiben zu dürfen. Ein Blick auf einen kleinen zerknitterten Zettel bringt die Bestätigung, dass der Liegeplatzinhaber sich abgemeldet hat und der Platz zur Zeit frei ist. Wir müssen also kein Ablegemanöver im Schlafanzug bei Kerzenschein üben. Wir zahlen 60 Zloty für zwei Nächte für die Skokie und 5 Zloty für eine Münze, mit der es am Steg aus dem Automaten Wasser und Strom gibt. Dazu kostenloses Internet, das Password dazu hätten wir uns auch fast denken können.
Hier im gemütlichen Vereinshafen ist die Skokie das drittgrößte Boot. An der Pier liegen zwei 45-Fuß-Yachten, vor denen am Morgen auch Hafenbesucher posieren, um sich zur Erinnerung an ihren Besuch in Kolobrzeg fotografieren zu lassen. Alle anderen Boote hier erreichen etwa nur die Größe, die in den 70ern und 80ern auf der Kieler Förde noch en Vogue waren.
Die großen Gastyachten liegen im Gästehafen nebenan. Da wären wir eher unter den kleineren zu finden. Größe ist eben eine Frage der Perspektive.
Übrigens ist der neue Gästehafen noch nicht in den Hafenplänen verzeichnet. Hier hat das Netzwerk bestimmt noch nicht alle Fäden geknüpft. Genauigkeit ist eben auch eine Frage der Zeit.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Wir suchen eine Bank, einen Zigarettenkiosk und einen Supermarkt. Und Sehenswürdigkeiten. Davon gibt es viele. Das Rathaus, den Braunschweiger Palast, heute Waffenmuseum, die Kathedrale und einige hübsche Gebäude. Kolberg wurde am Ende des 2.Weltkriegs völlig von der russischen Artillerie zerstört, jedoch sollen alle Einwohner und Flüchtlinge vorher noch über See evakuiert worden sein. Auch ein Flüchtlingsdrama. Wenn auch innerhalb des gleichen Kulturkreises. Aber ebenso schrecklich wie das, was täglich in der Tagesschau gesendet wird. 
Dass uns deutsche Geschichte auf unserer Tour begegnen würde, hatten wir erwartet. Hier ist sie also. Nicht nur an den alten deutschen Städtnamen in dieser Gegend zu erkennen.
Am Ende des touristischen Teils, entdecken wir einen Frisörsalon. Im Schaufenster wird ein junger Mann auf Stil gebracht. Ich mache Zeichen zum glatzköpfigen Frisör an meinen zu langen Kopfzotteln. Er winkt mich hinein, und 20 Minuten später habe ich eine windschlüpfrige Sommerfrisur. Weil sie ganz gut gelungen ist, lässt sich Andrea auch gleich das Pony begradigen. Mutig, Andrea. Aber es ist gut gegangen.

Brücke Lichterspiel
Brücke Lichterspiel

Samstag, 11. Juni 2016, Darlowo

Wir verlassen Kolobrzeg nach Darlowo. 
Ganz beschaulich und ruhig tuckern wir um 08:00h durch den Hafen zur Mole. Abmelden aus dem Hafen per UKW-Funk. Man bedankt sich. Zuerst gibt es keinen Wind. Die zwei Zylinder des Volvo schieben uns 2 Stunden lang an. Am Leuchtturm Funkenhagen kommt Wind aus Nordost, wir setzen Vollzeug und können über 100*, 90* langsam auf den Sollkurs von 60* hochsteuern. Es ist kalt, obwohl die Sonne scheint. Das Tief vor uns, zieht wahrscheinlich kalte Luft von Norden hierher. Heute morgen um 07:00h war der Luftdruck nur bei 998 hPa. Inzwischen ist er wieder auf 1004 hoch. 
Wir lassen den Autohelm steuern und hocken uns unter das Sprayhood, um dem kalten Wind zu entgehen. 
Eine sehr hohe Dünung rollt von Norden in Richtung Land.  3-4 m hoch und den Fahrstuhl wieder runter. Langsam, kein Gehacke. Fast wie auf dem Atlantik, aber nur fast. 
Es gibt kaum Segler zu sehen. Wir überholen ein deutsches Boot, ein Einhandsegler. Andrea und er winken sich zu. Eine polnische Yacht läuft uns unter Motor und Segel mit Kurs Darlowo davon.
 Es kann ganz schön einsam sein hier vor der polnischen Küste. Wenn ich mir dagegen heute, am Samstag die Kieler Förde vorstelle? Da kann man nur die ersten hundert Boote direkt um sich herum versuchen zu zählen. Hier ist es leer. An Steuerbord: Land, Strand, Wald. An Backbord, im Rücken: Wasser und Wellen. 
Ich experimentiere mit der Actioncam und Selfiestick. So richtig Spektakuläreres will nicht gelingen. Hoffentlich gibt's im nächsten Hafen ein gutes WiFi zum hochladen. Gestern in der Post hatten wir das schnellste bisher. Kostenlos und ohne Password. Aber das ist dort auch eigentlich Pflicht, wenn man für drei Briefmarken 20 Minuten anstehen muß. Dann kann man sich mit Handydaddeln die Zeit vertreiben. 

Das EM-Eröffnungsspiel Frankreich gegen Rumänien haben wir in der Hafenbar geschaut. Stimmung gab's nicht so recht. Alles ganz ruhig. Mal sehen, wie es am Sonntag wird. Dann spielen Polen und Deutschland in ihrer Gruppe gleichzeitig, aber noch nicht gegeneinander. Unseren Spielplan haben wir an die Tür zur Schlafkabine gehängt, damit wir die Ergebnisse immer sofort im Blick haben. 

Um 15:30h laufen wir in Darlowo ein. Der Hafenkapitän steht an seinem Fenster im 2.Stock des Kapitanats und rudert mit den Armen: Wir sollen uns beeilen, extra für uns hält er die Schiebebrücke, die über den Hafenkanal führt, auf. Schließlich haben wir uns artig über Funk angekündigt. Aber die Leute warten und er will die Brücke wieder zu fahren. 
Auch der Hafenmeister in der Marina im Fischereibecken hat es eilig. Als wir um die Ecke zu den Stegen fahren, weist er uns fuchtelnd schon einen Platz zu und hilft die Leinen zu übernehmen. Er will zurück an den Fernseher, das Spiel Schweiz gegen Albanien läuft gerade. 
Kalter Sommertag, Kurs Darlowo
Kalter Sommertag, Kurs Darlowo

Brötchentütennavigation
Brötchentütennavigation

Die Hafeneinfahrt nach Darlowo haben wir gefilmt. Klick auf den Button führt zu Vimeo Upload


Montag, 13. Juni 2016, Ustka

Ustka, 13.6.2016
Deutschland hat gestern sein erstes EM-Spiel gegen die Ukraine ohne uns gewonnen. Wir haben live versucht, irgendeinen polnischen Fernsehsender oder Streamingdienst zu erwischen. Die Kneipe, aus der siegestrunkene polnische Fußballfans torkeln, ist im Hof mit einen Beamer ausgerüstet. Das Polenmatch ist vorbei, es werden die üblichen Interviews mit den Funktionären gesendet, die alle die neue Ausgangslage der polnischen Mannschaft nach einem ersten, einzigen Tor vorhersagen können. Aber an das nächste Spiel mit Jogi Löw als Regisseur denkt niemand. Wir fragen nach und gerne sucht man das ZDF als Sender. Das Spiel wird aber vom ARD übertragen, finden wir heraus. "Haben wir leider nicht". Fieberhaft aber vergeblich suchen wir über den Router der Kneipe nach Übertragung im Internet. Ein Liveticker gibt das 1:0 bekannt. Enttäuscht geben wir zur Halbzeit die Suche auf. Die Küche hat inzwischen auch geschlossen, selbst eine Fischsuppe will man uns nicht mehr aufwärmen. Wir bezahlen unser Bier und ziehen nach Hause. Auf dem anderen Ufer des Seekanals, der den Hafen ausmacht, liegt unser Boot. Das sind 1,5 km Fußweg flußaufwärts bis zu ersten Brücke, und wieder 1,5 km am anderen Ufer zurück. Die Drehbrücke am Hafeneingang ist defekt. Man streitet sich um die Bezahlung der Reparatur, erfahren wir. Solange bleibt sie still, in geöffneter Position und der Verkehr folgt wieder dem Flusslauf. 

Wir liegen längsseits im Päckchen im Fischerhafen. Die Passage von der hohen Kaimauer zur ersten Yacht benötigt etwas Akrobatik. Glitschige Gummiprofile auf dem Beton und wenig Möglichkeiten zum Festhalten erschweren den Übergang über die ca. 80cm breite Spalte zur Yacht. 
Von der Yacht auf die Skokie geht's einfacher. Zähneputzen, das Spielergebnis, das Sabrina uns per SMS mitgeteilt hat in den Spielplan eintragen, dann schlafen. Da bemerkt Andrea einen Bärtigen, der auf die Nachbaryacht steigt. "Geht der Eigner noch so spät an Bord?" Danach rumpelt es auf unseren  Vordeck und Skokie wankt. Ich stecke den Kopf aus der Luke und sehe, wie eine etwas zerrissen aussehende Gestalt gerade wieder auf die Nachbaryacht zurück steigt. Er ruft polnische Worte, die ich nicht verstehe. Dann deutet er entschuldigend auf die 30m entfernt gegenüberliegende Kaimauer. Dort steht ein Angler. "Spinning, Spinning" Jetzt glaube ich zu verstehen. Wahrscheinlich hat der Angler seinen Haken zu weit geworfen und er hat sich an unseren Leinen auf dem Bug verhakt. Die bärtige Gestalt hat den Köder befreien wollen und ist über die Boote zum Ende der Angelsehne geklettert. Ich warte noch, bis sich der Retter des Köders von der Pier entfernt hat, dann können wir schlafen gehen. Zu doof, wenn man die Sprache nicht beherrscht. 

Sanft, aber bestimmt werden wir um 03h von Fenderquietschen, Wellengeschmatze und vom heftigen Geschaukel der Skokie geweckt: Die Fischer kehren mit ihrem Fang heim. Mit Volldampf in das Hafenbecken. Am nächsten Morgen sehen wir mindestens 6 weitere große Fischkutter im Hafen liegen, die es am Abend vorher hier noch nicht gegeben hat. 
Der Morgen ist grau und düster und wieder kalt. Es fängt an zu regnen. Die Weiterfahrt hatten wir auf morgen verlegt, da es wieder Ostwind, sogar etwas stärker als gestern geben soll. Noch einen Tag gegenanbolzen möchten wir nicht. 

Der Weg gestern von Darlowo nach Ustka ist eigentlich nur 21sm lang. Bei Nordost 4-5 Bft, ab Mittag 6, sind daraus 36sm geworden, weil sich das Kreuzen gegen den Wind bei unserem Ziel im Osten einfach nicht vermeiden ließ. Mit zweitem Reff und 1/3 Genua sind wir Schlag um Schlag durch die weiterhin hohe Welle gepflügt. Bei Sonnenschein, aber zu kalt. Nur Gesicht und Hände schauen aus der Kluft.  Das läßt sich auch deutlich in der jetzt unterschiedlichen Hautfärbung, die man unter der Dusche sehen kann, erkennen. Alles weiß, bis auf Kopf und Hände. Um die Augen ein weißer Streifen von der Sonnenbrille, wie ein Pandabär. 

Dienstag, 14. Juni 2016, Leba

Wir haben wenig Netzzugang zur Zeit und hoffen für bessere Infrastruktur. 
Hier nur die heutige Position: Leba nordwestlich von Danzig. Heute morgen viel Regen, wir los, moderater Wind aber genau von vorn, wie immer. Viel motort. Hafen in Leba voll mit Sand. Könnten die SKOKIE fast zu Fuß an den Steg schieben. Wir stehen auf dem Kiel. 

Wie in jeder polnischen Hafenstadt gibt es auch hier Ausflugsboote in Form von Seeräuberschiffen, ganz beliebt. Fahren eine Runde raus aus dem dem Hafen, etwas die Küste lang und dann wieder in die Stadt. 
Inzwischen wird das Segeln an der polnischen Küste etwas langatmig. Und es haben sich einige Frustansätze breit gemacht. Sind wir zu langsam? Unsere zweite Woche ist schon um, es ist fast Mittwoch und wir sind immer noch in Polen. Bootsnachbarn wollen von hieraus, von Leba als nach Klaipeda. 135sm. Dann würden wir Danzig auslassen. Wäre sehr schade. In der Nacht von Freitag auf Samstag ist ein heftiges Sturmtief mit Wind bis 9Bft von Bornholm über Südspitze Gotland nach Westrußland angekündigt. Alle Prognosen stehen für diesen Zeitraum auf dunkelrot. Dazu ist das militärische Sperrgebiet zwischen Wladislawowo und Hel noch bis Donnerstag 24h gesperrt. Also erst am Freitag, kurz vor dem Sturm nach Danzig? Oder vor dem Tief von Wladislawowo nach Klaipeda? Und dann ist das Tief doch schneller als vermutet da? Wieder ein Blick in den Wetterbericht. Oder Freitag doch noch vor dem Sturm schnell nach Danzig und dort abwettern, und auf der Rückseite des Tiefs mit den letzten Westwindschleiern Richting Litauen? Wir haben die Antwort nicht, gehen jetzt schlafen und holen morgen einen frischen Weatherforecast. Die Entscheidung wird vermutlich nicht leichter werden.


Leba, Mittwoch, 15. Juni 2016

Wir liegen wirklich fest! Heute ist Mittwoch. Das Sperrgebiet Richtung Gdansk öffnet erst am Freitag. Davor gibt es noch einen Hafen, Waldislawowo. Kein schöner Hafen. Wäre noch erreichbar. In der Nacht von Freitag von Samstag kommt der Sturm. Dann kann es erst am Sonntag Nachmittag weiter gehen. Gdansk werden wir dann auslassen müssen. Mal sehen wie später die Welle und der Wind nachlässt. Auf der Bohrplattform Petrobaltica, auf halben Weg nach Klaipeda wird mit 9 Bft, 27m/s gerechnet.

Von 18 Reistagen mussten wir bisher 6 Tage Pause machen. Entweder Wind von vorn, oder zuviel Wind. Wir haben zuviel Zeit in Polen verbringen müssen. 

Heute Abend in der Lagebesprechung wollten wir einen Plan fassen. Abbrechen und zurück, oder größere Etmale und auf besseren Wind setzen.

Wenn wir erst in Litauen/Klaipeda sind, ist der Point of no Return überschritten. Bis dahin darf noch überlegt werden. Projektfeasibility ist dann erreicht. Dann geht's nur noch weiter.

Unser Plan ist folgender: Gdansk erreichen wir mit der Skokie nicht mehr, Klammern wir aus, aber morgen am Donnerstag werden wir uns um einen Mietwagen kümmern. Dann Freitag mit dem Auto nach Gdansk,Samstag an Bord in Leba abwettern, und Sonntag entweder nach Wladislawowo oder direkt nach Klaipeda. Wir bereiten uns vor. Auf der Rückseite des Strumtiefs gibts Westwind. 

Heute haben wir die große Wanderdüne im Nationalpark Slowinski erkraxelt. Ein toller Ausflug. Anfahrt mit einem E-Taxibus.  Ganz ökologisch. Die Düne ist beeindruckend. Sie soll jedes Jahr knapp 10m vorrücken. Dabei begräbt sie Wälder unter sich und der Ort Leba musste auch schon einmal umziehen, um dem Sand auszuweichen. 

Am Nachmittag wurde die Klappe vom Gasflaschenfach im Ankerkasten repariert. Die Klappe hat durch das Wellengestampfe die letzen Zehntelmillimeter der korrodierten Messingschrauben an den Scharnieren durchgeschlagen. Die Klappe lag lose im Ankerkasten. V4A-Schrauben waren aber passend an Bord in der Wergzeugkiste. 

Das spannende EM-Spiel Frankreich gegen Albanien konnten wir im Marinarestaurant ansehen. Und dabei das Internet nutzen. Damit seid Ihr wieder up to date.

1000 Grüße. Andrea und Jens


Donnerstag, 16. Juni 2016, Leba


Einen Mietwagen haben wir nicht bekommen. Die im Internet ausfindig gemachte Vermietung entpuppt sich als Campingplatz. "rental car? Nie". Die nächste Station ist am Flughafen Gdansk, genau dort, wo wir hin wollen....

Wir schlendern durch den Ort zurück ins Zentrum. Plan A wird nichts. Auf dem Weg zurück zur Marina, kennen wir gutes schnelles WiFi, am Campingplatz "Rafael". Dort fragen wir auch an der Rezeption, welche Möglichkeiten es denn noch gäbe nach Gdansk zu kommen. Morgen, früh hin und abends zurück. 
"Bitte setzen, ich telefoniere". Das Chef-Ehepaar vom "Rafael" nimmt ohne Zögern und Vorbehalte unser Anliegen auf und macht es zu seinem eigenen Problem. Mann von Schwester wird aktiviert. "Einen Moment warten bitte, ruft gleich zurück". Aus der auf polnisch geführten Zwischenunterhaltung zwischen Herrn und Frau "Rafael" hören wir heraus, dass auch überlegt wird, selbst nach Gdansk zu fahren. Dann der Rückruf: Mann von Schwester konnte einen Taxifahrer überreden uns morgen nach und durch Gdansk zu fahren, abends zurück. Ist aber viel zu teuer. "Taxi immer teuer". Dann wird uns ein Plan mit Bus und Zug offeriert. So müssten wir das machen. Ganz einfach und billig. Und Gdansk ist schön, und die Stadt müssen wir unbedingt ansehen. Schließlich hätten wir Urlaub. Spazieren gehen, Kaffe trinken, schauen. Ja, Bus und Zug, das ist die Lösung. Es wird gescherzt und gelacht, die Verabschiedung zieht sich in die Länge und Andrea wird an die große Mutterbrust gedrückt und bekommt einen Schmatz auf die Wange. Viel Spaß in Danzig. 

Bei soviel Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit hat sich unsere Stimmung binnen 30 Minuten erholt, wir haben einen realisierbaren Plan B und trollen uns fröhlich zur Skokie zurück. 
Jetzt müssen wir uns noch auf das Fußballspiel Deutschland gegen Polen vorbereiten. Das Nebelhorn zum Tuten, und ein, zwei kleine EM Accessoires in schwarzrotgold aus dem 1€-Shop dürfen mit in das Zelt neben dem Hafenmeisterbüro, in dem der große Monitor hängt.
Das Spiel wird von vielen Polen und weniger Deutschen im Zelt verfolgt. Aber schon wesentlich leidenschaftlicher als in Ustka. Das 0:0 Ergebnis führt dann auch zu keinen Konflikten in der Marina. Hooligans haben wir unter Seglern auch noch nicht erlebt. 

Freitag, 17. Juni 2016, Gdansk


Wir waren gestern in Gdansk, im Regen. Aber wir waren da. Und es ist eine Stadt, die sich wirklich lohnt anzusehen. Es hat uns sehr glücklich gemacht und wir konnten rechtzeitig zum Sturm wiederzurück sein. 
Der ging dann ab ca. 20h los, hatte um 01h seinen Zenit und flaute nach und nach über den Samstag ab. Morgen früh wollen nach Klaipeda. Von Leba aus. Das sind ca. 135sm und kann an die 30 Stunden dauern. Aber die Wetterbedingungen sind gut. Es gibt West und Nordwestwind. 

Immer noch freuen wir uns über unseren Besuch in Danzig. Der Bus - es gibt sehr viele Transportanbieter auf der gleichen Strecke - fuhr um 07:50h und wir mußten bis zur Bushaltestelle noch eine halbe Stund laufen. Ankunft am Bahnhof Lebork und direkt nach dem Fahrkartenkauf weiter nach Gdansk. (Polen sagen auch Danzig, wenn sie mit uns Deutschen sprechen). Es schütte wie aus Eimern. Unsere Rettung war ein Taxi, Passat B5, Scheibenwischer noch original in Emden montiert. Die inzwischen breite Gummiauflage der Wischer verteilte den Regen recht gleichmäßig über die Windschutzscheibe.  Wir baten den Taxifahrer uns in die Innenstadt zu fahren, seightseeing vom Taxi aus. 
An den wichtigen Stellen hat er angehalten und uns lachend rausgeschickt, zum schauen und fotografieren. Dann weiter. Wir hatten zu dritt immensen Spaß an dem Unternehmen und waren pitschnass, das Taxi von innen völlig zugedampft. Ab Mittag kam die Sonne wieder und wir konnten schlendern und trocknen. Was es in Gdansk zu bestaunen gibt, solltet ihr selbst in Erfahrung bringen. Für uns ist es ein Ziel wie München, Paris oder Amsterdam geworden. 

Leba am frühen Abend
Leba am frühen Abend

Wir gehen morgen nach Klaipeda und sind etwas aufgeregt

Wir wollen am Sonntag, 19.6.2016 um ca. 06:00h von Leba auslaufen. Kurs 64°.  135sm. 25 - 30h. 

Wir melden uns ab Montag Mittag aus Klaipeda/Litauen. 
Andrea und Jens 

Wir sind in Litauen angekommen!

4:30h, in litauischem Seegebiet
4:30h, in litauischem Seegebiet

Fortsetzung mit 2. Etappe, Baltikum